Warum ein Content Audit für mich wie eine Oper ist

Katharina Siuka
4 min readMay 10, 2021

Das erste Semester der COS20-Studierenden an der FH Joanneum in Graz steht unter dem Stern des Content Audits. Knochenharte Arbeit steht auf dem Studienplan, aber Mehrwert und Output noch viel mehr. Denn das große Finale eines Content Audits hat es in sich.

Ein Content Audit ist ein bisschen wie eine Oper: dramatisch und mit großem Finale © Pixabay/David Mark

Man könnte fast meinen, ein Content Audit sei der Slogan des Studiums “Content Strategy” (COS) — oder die Hymne der COS-Studierenden, das Motto, unter dem die Studentinnen und Studenten das berufsbegeleitende Masterstudium an der FH Joanneum in Angriff nehmen. Denn das erste Semester des Jahrgangs 2020 (#COS20) lehrte die Kunst des Content Audits. Fazit: Es war ein krasser, aber verdammt wichtiger Einstieg in das Studium.

Ein Content Audit ist jedenfalls eine Technik, um den Content einer Website zu evaluieren. Und nicht, wie mein Einstieg vermuten lässt, eine Oper, die einer dramatischen Dramaturgie in mehreren Akten folgt. Wobei…

Was ein Content Audit ist

Ein Content Audit evaluiert also den Content einer Website. Bevor man aber auf einer Website zu arbeiten, ändern, reorganisieren und optimieren beginnen kann, muss man den Ist-Zustand im Detail kennen: Was ist bereits da? Ab dann geht es, salopp formuliert, in die Tiefe: Folgt respektive unterstützt der Content beispielsweise die Marke? Wo sind die Metadaten fehlerhaft, folgt der Content nicht dem Styleguide?

Ganz wichtig ist hier eine Zielsetzung, bevor man den Content Audit startet: Was will ich überprüfen und erfahren? Aber Vorsicht! Gemeint sind hier nicht nur die unternehmerischen Ziele. Auch die Bedürfnisse der Userinnen und User gehören bestmöglich erfüllt. Und nein, Userbedürnisse sind nicht gleich unternehmerische Bedürfnisse.

Der erste Akt: Der Content Inventory

Start eines Content Audits ist immer ein Content Inventory, die Inventur oder Bestandsaufnahme des Contents: Was ist bereits da? Dabei wird jede einzelne Page der Website gelistet und beschrieben (etwa der Pfad zur Page oder Metadaten wie <h1>). Das passiert entweder manuell oder mit einem Programm. Letzteres generiert den Inventory für mich automatisch und das spart freilich viel Zeit. Manuell allerdings bin ich gezwungen, Page für Page durchzusehen und die Website so in einer Tiefe kennenzulernen, die mir anschließend für den Content Audit hilft.

Erst bei diesem nächsten Akt, äh, Schritt, wird der Content, der da ist, bewertet ist. Denn der Content Inventory beschreibt, wie eingangs erwähnt, lediglich den Ist-Zustand. Gerichtet wird über diesen beim anschließenden Content Audit.

Der zweite Akt: Der Content Audit

Der Content Audit ist also dazu da, den Content tatsächlich zu bewerten. Das funktioniert mit vordefinierten Kriterien: Unterstützt der Content etwa die Markenbotschaften, oder ist er nützlich? Ist er konsistent, relevant, ist er attraktiv, oder sind die gewählten Formate passend? Jede einzelne Page (ja, richtig gelesen: jede einzelne!) wird anhand der Kriterien überprüft. Die Kriterien wiederum muss man so wählen, dass sie für die Zielsetzung des Content Audits Sinn machen.

Zu den gängisten Audit-Varianten zählt etwa der “Qualitative Content Audit”. Dieser zielt auf die Qualität des Contents ab, der schon da ist — was ist schon gut, wo gibt es noch Luft nach oben? Auch beim “Competitive Audit” wird die Website anhand der Kriterien bewertet — und jene der Konkurrenten ebenso. Dann wird verglichen und eventuell nachgeschärft.

Was ein Content Audit bringt

Ergo: Ein Content Audit braucht Zeit und kann mühsam sein. Das mussten wir COS20-Studierenden in unserem ersten Semester, dem Wintersemester 2020/21, am eigenen Leib erfahren: Da wurden halbe Nächte vor dem Laptop verbracht, um bis zur Abgabe zu analysieren, auszufüllen, zu dokumentieren.

Die Pflichtliteratur als Anleitung in der Hand, rauchte der Kopf nicht nur einmal © Pixabay/Comfreak

Ja, es war anstregend, unsere Köpfe haben geraucht, wir waren müde und abgekämpft. Aber: Wir hatten gesiegt. Denn auch, wenn er viel Zeit verschlingt: Zeitverschwendung ist ein Content Audit auf keinen Fall. Die Tiefe, mit der man eine Website kennenlernt, ist sprichtwörtlich Gold wert. Denn kennt man den Content, der da ist, nicht — was will man dann verbessern? Wenn ich mit dem Auto eine Reise antrete, muss ich die Reiseroute schließlich auch kennen oder ein Navi verwenden.

Journalismus plus Content Audit

Studiere ich nicht gerade “Content Strategy”, arbeite ich als Journalistin für eine Tageszeitung. Und tatsächlich sehe ich auch im Journalismus eines hohes Potenzial darin, sämtliche digitalen Produkte oder Plattformen, die benutzt werden, regelmäßig (ja, richtig gelesen!) einem Content Audit zu unterziehen. Medien in Österreich tendieren dazu, ihre Webseiten mit allen möglichen Inhalten zu überfüllen und ihre Userinnen und User regelrecht zu erschlagen. Und auch das kann ziemlich dramatisch werden.

Spätestens vor einem Website Relaunch sollten auch Medien einen Content Audit machen. Zwischendurch aber würde er sich meiner Meinung nach bereits lohnen, um das digitale Angebot pro Ressort so verbessern: Die Sport-Page wird andere Userbedürfnisse erfüllen müssen als die Kultur-Page. Die Sport-Page braucht Flächen, um Spielergebnisse und Tabellenstände auf den ersten Blick zu zeigen, die Kultur-Page hingegen, um beispielsweise das Kinoprogramm abzubilden… oder ist letzteres vielleicht gar nicht nützlich? Der Content Audit wird es zeigen.

Zum Abschluss eine kleine Literaturempfehlung:

  • Paula Ladenburg Land, “Content Audits and Inventories. A Handbook”
  • Margot Bloomstein, “Content Strategy at Work”

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Katharina Siuka

Journalistin, die berufsbegleitend "Content Strategy" studiert. Bloggt über die Verknüpfung beider Disziplinen, Arbeit und Studium und über Achtsamkeit.